|
Bund I. Religionsgeschichtlich Die Schließung eines B.es stellt den Versuch dar, einen durch Blutsverwandtschaft (siehe Blut) bestimmten Menschenkreis durch Aufnahme neuer Glieder zu vergrößern, um seine Zukunft zu sichern, seine Abwehrkraft (siehe Blutrache) wie seine wirtschaftliche Lage zu stärken. J. KOHLER, Studien über künstliche Verwandtschaft (Zeitschr. f. vgl. Rechtswissenschaft 5, 1884, 415-440) - L. T. HOBHOUSE, Morals in Evolution, (1906) 19234 - ERE II, 857 ff. (P. J. HAMILTON- GRIERSON); IV, 206 ff. (J. A. MACCULLOCH) - W. WUNDT, Elemente der Völkerpsychologie, 1913 - RLV II, 189 ff.; IV/1, 116 ff. (R. THURNWALD) - B. W. AGINSKY, Kinship systems and the forms of marriage, 1935 - H. F. K. GÜNTHER, Formen u. Urgesch. der Ehe, (1940) 19513 - H. TEGNÆUS, Blood-brothers (Statens etnografiska Museum NS 10), Stockholm 1952. J. Hempel II. Im AT Entgegen der von J. Pedersen begründeten Auffassung, der B. (hebr. berît) sei »das gegenseitige Verhältnis der Zusammengehörigkeit mit allen Rechten und Pflichten, welche dieses Verhältnis für die Beteiligten mit sich führt«, hat J. Begrich auf Grund vor allem von Jos 9, 6. 11; 1Sam 11, 1; 2Sam 3, 12; 1Kön 20, 34 einen älteren, vielleicht genuin israelitischen Sprachgebrauch ermittelt: »berît bezeichnet ein Verhältnis, in welches ein Mächtiger einen minder Mächtigen zu sich setzt und welches näher durch die dem Empfänger gegenüber eingegangene Bedingung und den Akt der Inkraftsetzung gekennzeichnet wird. Irgendeine aktive Bedeutung des Empfängers wird von dem Begriff nicht eingeschlossen.« Er hätte sich darauf berufen können, daß auch in den hethitischen Staatsverträgen der Großkönig der allein zu dem rein passiven Partner Sprechende ist, der zur Einhaltung des Vertrages ermahnt und durch Gottesflüche bewogen werden soll. Selbst das hethitische Exemplar des Vertrages zwischen Hattušil und Ramses II. ist als Worte des letzteren stilisiert. Abweichend aber von dem von Begrich für das ältere Israel Erarbeiteten werden die Verpflichtungen dem Empfänger auferlegt, während sich der Gewährende auf allgemeine Treuversprechen beschränkt. Immerhin ist durch diese Zusage der »Suzeränitätsvertrag« (Mendenhall) dem zweiseitigen Vertrag zwischen Gleichen angenähert, bei dem die Verpflichtungen der Kontrahenten materiell verschieden sein können, aber gleiche bindende Kraft besitzen. Endlich hat Noth auf einen Mari-Brief aufmerksam gemacht, in dem ein Dritter einen B. zwischen zwei Menschengruppen stiftet, ohne daß über die gegenseitigen oder einseitigen Verpflichtungen etwas ausgesagt würde. Alle vier Typen begegnen nun auch für das Verhältnis von Jahwe und Israel oder auch von Jahwe und der Welt. Stets ist Jahwe der den B. in einem konkreten Augenblick der Geschichte durch einen von ihm selbst bestimmten Mittler, durch Moses (für die Endzeit durch den Gottesknecht Jes 42, 6; 49, 8), stiftende oder auch ohne Mittler einem einzelnen Menschen (David) oder den Exulanten (Ez 37, 26) Gewährende. Nur dort, wo der bestehende B. erneuert, erweitert oder konkretisiert wird (Jos 24, 25; 2Kön 23, 3 = 2Chr 34, 31; 2Chr 29, 10; Esr 10, 3; Neh 10, 1), erscheint der Vertreter der Stämme bzw. des Staates als der den B. Schließende (Ausnahme Jer 50, 5). Wo es sich aber um den B. mit dem »Falschen« Gott handelt, liegt die Initiative beim Volk (Ex 23, 32; vgl. Jes 28, 15), analog dem B. mit fremden Völkern (Ex 34, 12 u. ö.). Die Einzelheiten hingegen sind variabel. Der von P benutzte Ausdruck »den B. aufrichten« (heqîm) läßt Gott als den allein sich Bindenden heraustreten, vor allem bei dem B. mit allem Lebenden, bei dem es trotz der formellen Gewährung an Noah kein die »Gesellschaft« vertretendes Organ gibt (Gen 9, 8 ff.; vgl. Jer 33, 20 ff.). Auch in dem B. mit Abraham und den Vätern (Gen 17, 4; Ex 2, 24 u. ö.), mit Levi (Mal 2, 8; Neh 13, 29) und mit David (Ps 89, 20 ff.; vgl. 2Sam 7, 8 ff.; 23, 5; Jes 55, 3) ist trotz der Bedingtheit der Verheißung bei dem letzteren Jahwe der allein Stiftende (Terminus sam [setzen], natan [geben]), aber in der Wendung »zwischen mir und dir« (Gen 17, 7; doch Num 25, 21 »ich schenke ihm meinen B.«) kündigt sich doch die Zweiseitigkeit an, die in Voranstellung der Bedingung und ihrer Übernahme vor dem B.esschluß selbst (Ex 19, 5 f.) und in der Betonung des doppelseitigen Vater-Sohn- (2Sam 7, 14) und Gott-Volk-Verhältnisses weitergreift. Doch bleibt sachlich die Initiative - ebenso wie bei der gleichfalls als »B.« bezeichneten siehe Ehe (Mal 2, 14; vgl. Spr 2, 17) - bei dem »Vater«, wie ja auch der parallele Ausdruck der »Erwählung« die Passivität des Volkes kennzeichnet (Dtn 7, 7 ff.). Je mehr aber der Nachdruck auf die im Gesetz zu erfüllenden Bedingungen, auf die »B.esworte« (z. B. Ex 34, 28; Dtn 28, 69), das siehe »Bundesbuch« (Ex 24, 7) oder die »B.estafeln« (Dtn 9, 11) in der »B.eslade« (Jer 3, 16; vgl. Dtn 10, 2; 2Chr 6, 11), auch auf die B.eszeichen der siehe Beschneidung oder des siehe Sabbat fällt, desto näher kommt der B. Jahwes mit dem Volk den erwähnten Suzeränitätsverträgen. Ist doch auch seine Verheißung, Israels Gott zu sein wollen, weniger konkretisiert (etwa in der Landzusage Gen 15, 7 ff. und der Sicherung der Daviddynastie) als die ins einzelne gehenden Verpflichtungen des Volkes. Sie werden zudem durch ihre Verlesung bei den B.esfesten (Alt, Weiser) unterstrichen, wenngleich die im Kult sich vollziehende Theophanie, in den Sinaiperikopen mythisch gesteigert, auch hier den Primat des Gotteshandelns sichert. Vollends tritt in der endzeitlichen Erwartung des »Neuen B.es« die alleinige Veranlassung wie die Bestimmung des Empfängers durch Jahwe und die durch ihn selbst sichergestellte Erfüllung durch den Partner wieder scharf heraus (Jer 31, 31 f.). RGG2 I, 1360 ff. - ThW II, 106 ff. (QUELL) - BL 267 ff. - EKL I, 619 f. - Ferner die Biblischen Theologien, vor allem W. EICHRODT, I, (1933) 19482 - L. KOEHLER, (1935) 19533 - O. PROCKSCH, 1950. - Spezielles: J. PEDERSEN, Der Eid bei den Semiten, 1914 - J. HEMPEL, Gott u. Mensch im AT (BWANT III, 2), (1926) 19362 - L. G. DE FONSECA, Diathêkê Foedus an Testamentum (Bibl 8, 1927, 31-50. 161 bis 181. 290-319. 418-441; 9, 1928, 26-40. 143-160) - M. NOTH, Das System der Zwölf Stämme Israels (BWANT IV, 1), 1930 - A. WEISER, Glaube u. Gesch. im AT (BWANT IV, 4), 1931 - A. ALT, Die Ursprünge des israelit. Rechts, 1934 (= ALT I, 278-332) - J. BEGRICH, Berit (ZAW 60, 1944, 1-11) - F. BAUMGÄRTEL, Zur Liturgie der Sektenrolle vom Toten Meer (ZAW 65, 1953, 263-265) - P. E. MENDENHALL, Law and Covenant in Israel and the Ancient Near East, 1955 - E. VOGT, Vox berit concrete adhibita (Bibl 36, 1955, 565 f.) - E. NIELSEN, Shechem, 1955 - A. WEISER, Die Pss (ATD 14), 19554, 22 ff. (Die Pss im B.esfestkult) - E. KUTSCH, Das Herbstfest in Israel (Theol. Diss. Mainz), 1955, 139 ff. (vgl. ThLZ 81, 1956, 494 f.) - W. LEMPP, B. u. B.eserneuerung bei Jeremia (Diss. Tüb.), 1955 - H. W. WOLFF, VT 6, 1956, 316-320 - M. NOTH, Ges. Stud. zum AT, 1957, 142-154 - G. WIDENGREN, King and Covenant (JSS 2, 1957, 1-32). J. Hempel III. Im NT 1. Die Begriffe Mit dem Begriff »B.« wird in deutschen Bibelübersetzungen oft das griech. Wort diathêkê wiedergegeben. Luther verdeutscht die durch Christus errichtete diathêkê mit »Testament«. Welche der beiden Übersetzungen ist sachgemäßer? Diathêkê hat im außerbiblischen Griechisch gewöhnlich die Bedeutung »Testament«. Das NT nimmt diese nur an zwei Stellen (Gal 3, 15 und Hebr 9, 16 ff.) auf; im übrigen folgt es dem Sprachgebrauch der LXX. Sie hat diathêkê für das hebr. berît gesetzt (siehe Bund: II), das nie Testament bedeutet, und das griech. Wort dadurch zu einem theologischen Terminus umgeprägt. Als solcher ist die diathêkê eine gnädige Verfügung Gottes, durch die er den Menschen seine Gemeinschaft schenkt, also eine Heilsordnung. Als entsprechender deutscher Terminus empfiehlt sich daher »Bund« mehr als »Testament«. 2. Die Aussagen über den Bund im Kelchwort, bei Paulus und im Hebr Gemäß der Aufnahme des Begriffes aus dem AT redet das NT von den B.esschließungen Gottes mit den Vätern, die verheißend auf die jetzt der Gemeinde widerfahrende Erfüllung hinweisen (Gal 3, 15. 17; Röm 9, 4; Eph 2, 12 und bes. Lk 1, 72; Apg 3, 25; 7, 8; vgl. Apk 11, 19; Hebr 9, 4). Diese Erfüllung verkündigt das eigentliche Wort des NT vom B.: Gott hat durch Christus den »Neuen B.« (Lk 22, 20; 1Kor 11, 25; 2Kor 3, 6; Hebr 9, 15; vgl. 12, 24) aufgerichtet, den er in Jer 31, 31-34 verheißen hat. Abgesehen von den lukanischen Stellen begegnen im NT drei Aussagenkreise vom B., nämlich in der Tradition der Abendmahlseinsetzung, bei Paulus und im Hebr. 3. Die theologische Bedeutung der Bundesvorstellung Die theologische Bedeutung der B.esvorstellung besteht in allen drei Aussagenkreisen darin, daß sie Jesu Werk heilsgeschichtlich deutet. Durch Christi Kreuz und Auferstehung ist das Eschaton in Gestalt eines neuen Gottesverhältnisses, in dem die Sünde wirklich überwunden wird, hereingebrochen. Der Mose-B., der das Verhältnis zwischen Gott und Mensch unter die Gesetzesordnung stellt, ist dadurch alter B. geworden. Er ist nicht einfach chronologisch vergangen (wie es nach Lukas, z. B. Lk 16, 16 f., scheint), er besteht weiter, wie die Verheißung und das Gesetz weiter bestehen, aber er ist nach Hebr 8, 13 »veraltet« und (mit der alten Weltzeit) »nahe am Verschwinden«. Die neue Weltzeit aber ist gegenwärtig als die neue Heilsordnung. RGG2 I, 1362 ff. - ThW II, 105 ff. - J. SCHNIEWIND im NTD zu Mk 14, 24 - L. GOPPELT, Typos, 1939, 134 ff. 170 ff. 195 ff. 245 ff. - J. JEREMIAS, Die Abendmahlsworte Jesu, 19492, 84. 99 - O. MICHEL, Der Brief an die Hebräer (MeyerK XIII9), 1955, Reg. L. Goppelt IV. Föderaltheologie, dogmengeschichtlich Die Föderaltheologie, zum Begriff geworden und auf ihren Höhepunkt gelangt durch die Theologie der späteren orthodox-reformierten Lehrausprägung, hat eine Vor- und Nachgeschichte, die um die Theologie des siehe Coccejus kreist. Sie ist in ihrem Gesamtbereich gekennzeichnet durch die Namen siehe Zwingli, siehe Bullinger, siehe Melanchthon, siehe Calvin, siehe Musculus, siehe Ursinus, siehe Olevian, siehe Gomarus, siehe Polanus, siehe Cloppenburg, Coccejus, Buurmann, siehe Heidanus, Brune, siehe Vitringa, siehe Lampe, J. H. siehe Heidegger, siehe Turrettini, Vithius, siehe Crusius, siehe Hasencamp, siehe Menken, Chr. siehe Krafft und siehe Collenbusch; unter diesen sind Zwingli, Bullinger, Melanchthon, Olevian und namentlich Coccejus von programmatischer, jeweils weiterführender Bedeutung. Bekenntnismäßige Verankerung erreichte die Föderaltheologie neben Andeutungen im siehe Heidelberger Katechismus (Frage 54 und 74) vor allem in der Westminster Confession (Art. 7). Über die ref. Theologie hinaus wirkte sie unmittelbar auf die Theologen siehe Calixt, siehe Jaeger, siehe Spener, Majus, siehe Buddeus, siehe Pfaff und siehe Bengel und mittelbar auch in andere Gebiete der Geisteswissenschaften, besonders der Historie, Pädagogik und Jurisprudenz, ja bis in die Geschichtskonzeption des spekulativen Idealismus und des dialektischen Materialismus hinein. Quellen: H. ZWINGLI, Commentarius de vera ac falsa religione, 1525 - H. BULLINGER, De testamento seu foedere Dei unico et aeterno, 1534 - PH. MELANCHTHON, Ordinandorum Examen, 1554 - C. OLEVIANUS, De substantia foederis gratuiti, 1584 - C. URSINUS, Summa theologiae, 1612 - J. COCCEJUS, Summa doctrinae de foedere et testamento Dei, 1648. Lit.: A. SCHWEIZER, Die Glaubenslehre der ev.- ref. Kirche I, 1844, 103 ff. - M. GÖBEL, Gesch. des christl. Lebens in der rheinisch-westfälischen Kirche II 1852, 160 ff. - L. DIESTEL, Studien zur Föderaltheologie (JdTh 10, 1865, 209-276) - CH. SEPP, Het Godgeleerd Onderswijs in Nederland, gedurende de 16. en 17. Eeuw, II, 1874, 221 ff. - H. HEPPE, Gesch. des Pietismus u. der Mystik in der ref. Kirche namentlich der Niederlande, 1879, 205 ff. - A. RITSCHL, Gesch. des Pietismus in der ref. Kirche, 1880, 130 ff. - A. VAN'T HOOFT, De Theologie van Heinrich Bullinger in betrekking tot de Nederlandsche Reformatie, 1888, 43 ff. - RE IV, 186 ff. - E. V. KORFF, Die Anfänge der Föderaltheologie u. ihre erste Ausgestaltung in Zürich u. Holland, 1908 - W. GOETERS, Die Vorbereitung des Pietismus in der ref. Kirche der Niederlande bis zur Labadistischen Krisis 1670, 1911 - RGG2 I, 1346 ff. - G. SCHRENK, Gottesreich u. B. im älteren Protestantismus, vornehmlich bei J. Coccejus, 1933 - BARTH, KD IV/1, 1953, 57 ff. P. Jacob V. Alter und neuer Bund, dogmatisch 1. Begriffliches Die Dogmatik ist in der Wahl ihrer Worte gegenüber dem biblischen Sprachgebrauch frei. So ist sie auch nicht verpflichtet, das biblische Wort »Bund« und einen der ihm entsprechenden Begriffe aufzunehmen, wie es die ref. Dogmatik bereits von Zwingli bis K. Barth und E. Brunner mit Vorliebe getan hat. Was gegen den dogmatischen Gebrauch des B.esbegriffs spricht, ist die Tatsache, daß die biblischen Worte berît und diathêkê gar nicht durch das Wort »B.« zu übersetzen sind (siehe Bund: II. III). Der B.esbegriff legt das Mißverständnis nahe, es handle sich im christlichen Gottesverhältnis um eine gegenseitige Abmachung gleicher Partner. Er ist ferner nicht geeignet, den sakral-rechtlichen Charakter der biblischen Begriffe auszudrücken. Außerdem spielt der B.esbegriff wenigstens im NT keine zentrale Rolle und kann nur durch eine wesentliche systematische Ausweitung dogmatisch brauchbar gemacht werden. Immerhin hat er in der ref. Tradition dazu gedient, die Wechselseitigkeit des in Christus von Gott gesetzten Gottesverhältnisses, die Einheit von göttlichem Zuspruch und Anspruch, von Gabe und Verpflichtung zu umschreiben. Durch den Begriff des B.es kann zum Ausdruck gebracht werden, daß Gesetz und Evangelium nicht bloß Lehrinhalte, sondern Totalbestimmungen des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch zu persönlicher gegenseitiger Gemeinschaft sind. Ebenso bietet er im Anschluß an den biblischen Gebrauch die Möglichkeit, der mit Israel im AT begründeten Ordnung des Gottesverhältnisses die in Christus bestehende als eschatologisch-neue gegenüberzustellen. 2. Biblische Begründung Schon das NT ist sich dieses Unterschiedes, ja Gegensatzes klar bewußt. Heute, da das historisch- kritische Verständnis der Bibel uns jede allegorisierende Angleichung des AT an das NT verbietet, ist der B.esbegriff um so mehr geeignet, dogmatisch Gegensatz und Kontinuität zwischen der at. und nt. Gottesoffenbarung zu bestimmen. Es kann dadurch deutlich gemacht werden, daß es sich bei dem Verhältnis von AT und NT nicht um das zweier Religionen, auch nicht um das Verhältnis zwischen menschlicher Religion und Offenbarung, sondern um verschiedene Akte Gottes handelt, zu Menschen in Beziehung zu treten und das Verhältnis zwischen Gott und Mensch zu ordnen. Andererseits sind es nicht zwei nur historisch begrenzte göttliche Akte, von denen der zweite den ersten historisch ablöst, wie es die Föderaltheologie (siehe Coccejus, siehe Bund: IV) dachte. Vielmehr ist Jesus Christus selbst allein als der Auferstandene und im Heiligen Geist gegenwärtig Handelnde, in seinem Wirken die Aufhebung, aber auch die Erfüllung der at. Ordnung des Gottesverhältnisses. Dabei ist zu beachten, daß das NT exegetisch das AT nicht mit dem Alten B. gleichsetzt. Das AT unterscheidet nämlich selbst den Noah-B. mit der gesamten Kreatur und den Abrahams-B. als Verheißung des Gottesvolkes, die beide bedingungslose und einseitige göttliche Zusagen darstellen, von dem Sinai-B. durch Mose bzw. dem Sichem-B. durch Josua mit Israel. In diesen ist die Innehaltung der göttlichen Zusage: »Ich will euer Gott sein« an die Bedingung der Gesetzeserfüllung durch Israel gebunden und zugleich die Gerichtsdrohung gegenüber dem abtrünnigen Volk enthalten. Nicht daß Israel sich durch sein Tun erst die Liebe Gottes verdienen soll - das wäre jüdisches Mißverständnis des at. Gesetzes-B.es. Vielmehr gibt Gott in unbegründeter erwählender Liebe Israel seine Zusage, aber er macht den Gehorsam Israels zur Bedingung ihrer bleibenden Gültigkeit. Die ganze Geschichte Israels wird von da aus in der prophetischen Sicht zur Geschichte des Scheiterns des Gesetzes-B.es mit Israel: er zerbricht an dem Ungehorsam und der menschlichen Sündhaftigkeit des Volkes. Allerdings stellt dieser Gesetzes-B. nach Paulus nur einen Zwischen- B. zwischen der bedingungslosen B.esverheißung an Abraham und ihrer Erfüllung in Christus dar (Gal 3, 15 ff.). In den Augen des Paulus macht der Sinai-B. Israel zu Knechten und nicht zu aus Gnade lebenden Freien, und die mosaische B.esstiftung ist ihm ein Dienst der Verdammnis, nicht der Rechtfertigung. Nach dem Hebr bringt die at. Kultordnung keine Versöhnung, sondern nur die Erinnerung an die Unversöhntheit des Menschen, allerdings auch den schattenhaften Hinweis auf die kommende Versöhnung durch Christus. Das JohEv stellt das Gesetz durch Mose der Gnade in Christus entgegen. 3. Dogmatische Bestimmung Angesichts dieses biblischen Zeugnisses über den Gegensatz zwischen mosaischem Gesetzes-B. und dem eschatologischen Gnaden- und Versöhnungs-B. in Christus ist es unmöglich, mit siehe Calvin den mosaischen Gesetzes-B. nur als andere Ökonomie des einen Gnaden-B.es zu verstehen und damit den Neuen B. in Christus zu einer relativ anderen Durchführung dieses einen Gnaden-B.es herabzusetzen. Substanz und Ökonomie des Gnaden-B.es lassen sich in Christus nicht trennen. Auch für Israel ist Jesus Christus und sein Werk allein Substanz und Ökonomie des Gnaden-B.es für Juden und Heiden. Vom biblischen Gegensatz zwischen Gesetzes-B. und Gnaden-B. in Christus, der allein auf vergebender Gnade gegründet ist, geht es noch weniger an, mit K. siehe Barth AT und NT als die einheitliche Durchführung eines vor Grundlegung der Welt aufgerichteten Gnaden-B.es zu verstehen, in dem das Gesetz die Form des Evangeliums ist. Alter und Neuer B. stehen sich als bedingter und unbedingter B. in unaufhebbarem Gegensatz gegenüber. Dieser Gegensatz ist nur dadurch aufgehoben, daß Christus den Fluch am Kreuz getragen hat, den der Gesetzes-B. über den sündigen Menschen brachte. Die Frage ist jetzt nur, welchen Sinn jener Zwische-B. des Gesetzes hat, da es doch seit dem ersten Kommen Christi keine andere Ordnung des Verhältnisses zwischen Gott und Mensch gibt als die bedingungslose vergebende Gnade in Christus. Diese wird wohl allein im Glauben angeeignet. Aber nicht der Glaube, geschweige denn seine Werke bilden die geforderte Bedingung ihrer Gültigkeit, als vielmehr die in ihr enthaltene Gabe. Der Gesetzes-B. mit Israel ist die paradigmatische Aktualisierung der Verantwortlichkeit des Sünders vor Gott, ohne die auch der Gnaden-B. nicht das auf Vergebung wirklicher und von Gott angerechneter Schuld gegründete Gottesverhältnis wäre. Um der Sünde willen ist der Gesetzes-B. notwendig, um den Sünder unter Gottes Gericht zu stellen. Das im Gesetzes-B. offenbarte und aktualisierte Gottesverhältnis ist bis zum Jüngsten Gericht nach den Werken der bleibende Hintergrund des Gnaden-B.es in Christus. In ihm flieht der Glaube vor dem im Gesetzes-B. richtenden Gott zu Christus und weiß sich zum tätigen Dienst vor Gott aufgerufen. Denn außerhalb des an Christus gebundenen, im Dienst tätigen Glaubens ist der Mensch tatsächlich dem im Gesetzes-B. aufgerichteten Gottesverhältnis und seinem Fluch verfallen. Der Widerspruch zwischen Gesetzes-B. und Gnaden-B. ist für den in seiner irdisch-sündigen Existenz lebenden Menschen unaufhebbar. Seine Aufhebung im Kreuze Christi wird geglaubt, nicht begriffen. Es bleibt aber für den Glaubenden der Gegensatz zwischen der Verantwortung vor dem nach den Werken richtenden Gott und der Geborgenheit in den Armen des in Christus bedingungslos vergebenden Gottes. Erst die Ewigkeit wird diesen Gegensatz aufheben. H. HEPPE, Die Dogmatik der ev.-ref. Kirche, (1861) 1935, 224 ff. - R. BULTMANN, Christus des Gesetzes Ende (BEvTh 1, 1940 3-27 = BULTMANN II, 32-58) - DERS., Weissagung u. Erfüllung (StTh 2, 1949, 21-44 = ZThK 47, 1950, 360-383 = BULTMANN II, 162-186) - BARTH, KD II/2; III/1; IV/1 - E. BRUNNER, Dogmatik II, 1950, 251 ff. - H. VOGEL, Gott in Christo, 1951, 429. 520 - G. BORNKAMM, Das Ende des Gesetzes (BEvTh 16), 1952 - O. WEBER, Grundlagen der Dogmatik, 1955, 323 ff. W. Wiesner aus: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage, Bd. 1, S. 1512ff.
|
|