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ENCICLOPEDIA
 
 

 

 

Heiligung

I. Im AT

Da der Begriff der Heiligkeit ein besonderes Kennzeichen des at. Gottesglaubens ist ( Heilig: II), tritt im Verkehr zwischen Gott und Mensch die H. im AT stark hervor.
Dem alles Irdische übersteigende Wesen der göttlichen Herrlichkeit gemäß hat die H. eine lebenfördernde und eine das Leben gefährdende Seite. Wenn Gott etwas heiligt, wird darin seine Majestät lebenspendend offenbar (z. B. in Israel, Ez 36, 23 ff.), aber es kann auch die Vernichtung des von ihm Geheiligten bedeuten (vgl. Jer 12, 3). Jahwe »heiligt Verderber« (Jer 22, 7; vgl. 51, 27 f.). Er weiht die Krieger, sei es wider die Feinde oder wider sein eigenes Volk. In der Vernichtung der Gottesfeinde und in der Erlösung des Gottesvolkes »heiligt Jahwe sich selber«, d. h. erweist er sich in Rettung und Strafgericht heilig; so in Ez 20, 41; 28, 25; 36, 23; 39, 27 einerseits, in Ez 28, 22; 36, 16 andererseits. Die Selbsterweisung der göttlichen Heiligkeit zeigt sich im Leben und im Tod (vgl. Num 20, 13 und Lev 10, 3). Jes 5, 16 könnte an sich eine ambivalente Bedeutung haben, muß aber vom Kontext her eher als Drohung verstanden werden. - Die rettende und vernichtende Wirkung der Heiligkeit Gottes offenbart sich am deutlichsten im heiligen Krieg (: II). Dieser wird geheiligt (Mi 3, 5; Jer 6, 4; Jo 4, 9), die Kriegsleute heißen »Geheiligte« (Jes 13, 3). Auch für die sexuelle Reinigung der Frau nach der Menstruation wird das Verb heiligen gebraucht (2Sam 11, 4). Reinigen und heiligen können Synonyme sein (Jes 66, 17; vgl. auch Ex 19, 10. 14).
Weil die H. Reinheit des Körpers (sexuell gemeint) und der Kleidung fordert, kann das Zeitwort »heiligen« sich also auf die äußerliche Reinheit beziehen und in abgeschwächter Bedeutung geradezu für Reinigung gebraucht werden. - Wenn auch der Ausdruck 'am qadôs(heiliges Volk) für Israel erst deuteronomischer Prägung zu sein scheint, dürfte der Gedanke erheblich älter sein (vgl. 2Sam 11, 4 und dazu 2Sam 14, 13 »Volk Gottes« und 1Sam 26, 19; 2Sam 14, 16 für das Land Israels: »Jahwes [Gottes] Erbland«). Heiligen meint: aus der Sphäre der Unreinheit (2Sam 11, 4) oder auch der Sünde (Hi 1, 5) in das normale Verhältnis des Jahwe heiligen Volkes zurückkehren. Es wird auch gebraucht bei der Weihe zum Nasiräer (Num 6).
Es gibt mehrere Stufen von H. Man kann geheiligt sein als Erstgeborener (Num 3, 13; 8, 17), als Levit (1. 2 Chr), als Nasiräer (s. o.), als Priester (Ex 28, 41; 29, 1. 44; 30, 30; 40, 13 f.; Priestertum: II) oder als Hoherpriester (Lev 8, 12). Auf jeder Stufe wird man in besonderer Weise Jahwe zu eigen (Num 3, 13; 8, 17) und hat jedesmal auf eigene Weise Gott zu dienen (vgl. Jes 65, 5). Je wichtiger die heiligende Weihe ist, desto höher ist der Grad der Heiligkeit, zu dem man gerufen wird, und desto näher darf man zum Heiligen selbst treten; der Priester darf das heilige Brot und bestimmte Teile des Opfers essen, der Hohepriester das Allerheiligste betreten. - Alles was zum Kult gehört, soll geheiligt werden; man kann sogar sagen, daß H. vorwiegend kultischer Terminus ist. Dabei wird sowohl von Gott als von dem Menschen (Kultdiener) gesagt, daß er heiligend auftritt. Gott tritt heiligend in das Leben ein und erklärt dabei etwas im besonderen Sinne zu seinem Eigentum (Num 3, 13; Ez 37, 26-28); oder der Mensch (Priester, König) heiligt etwas und eignet es damit Gott zu oder erkennt die von Gott geforderte H. an. Orte ( Heilige Stätten: II), Zeiten und Gaben können geheiligt werden. Gott heiligt bes. den Sabbat (Gen 2, 3; Ex 20, 11 usw.), und was Gott heiligt, soll der Mensch heiligen (Ex 20, 8); Salomo heiligt einen Teil des Tempelhofs, so daß dort Opfer dargebracht werden dürfen (1 Kön 8, 64; 2 Chr 7, 7); bei kultischen Mahlzeiten (: II) heiligen sich die Teilnehmer (1Sam 16, 5); man heiligt Geld oder Gaben für den Kult (Ri 17, 3; 2Sam 8, 11 usw.), Erstgeburten (Dtn 15, 19). In vielen Fällen wird man die von Menschen vorgenommene H. mit »Weihung« übersetzen dürfen.
Weil heiligen bedeutet: etwas in die göttliche Sphäre bringen, schließt es im allgemeinen eine Trennung des Geheiligten aus dem profanen Leben ein. Man soll aber nicht den Gedanken der Separation als den herrschenden in den Vordergrund rücken, denn die H. folgt bisweilen der Trennung (Ex 19, 23) oder schließt die Möglichkeit des nachherigen profanen Gebrauchs des Geheiligten (Neh 3, 1) in sich; wichtiger jedenfalls ist die positive Seite, die Kommunikation mit Jahwe.
Die Verbindung der göttlichen Heiligkeit mit dem Geheiligten kann für Sachen selbst als eine mechanisch wirkende dargestellt werden, so daß dem Heiligen im Kultus magische Züge anhaften; z. B. überträgt sich die Heiligkeit des Altars auf jeden, der ihn anrührt (Ex 29, 37; 30, 29; vgl. Lev 6, 11. 20; vgl. auch 2Sam 6, 7).
Die H. wird durch kultisch angeordnete Riten vollzogen, z. B. durch Waschung, Salbung (: II), Besprengung (Ex 19, 10; 40, 9 ff.; Lev 8, 12; 22, 6). - Auch das Heilige selber kann geheiligt werden. Jahwe heiligt seinen Namen (Ez 36, 23), d. h. bringt die Herrlichkeit seines Namens zur Anerkennung bei den Völkern der Welt. Andererseits kann der Mensch Jahwe oder dessen Namen heiligen, durch Furcht und Zittern (Jes 8, 13; 29, 23) oder durch Vertrauen und Gehorsam (Num 20, 12; 27, 14; Dtn 32, 51). Hier wirkt sich die H. nicht nur im rituellen und kultischen, sondern im religiös-ethischen Leben aus. Bei Ezechiel wird die Einheit der kultischen und der religiös-ethischen Seite des Heiligen am tiefsten offenbar: Israel wird geheiligt durch das Heiligtum Gottes, und darin findet die Gemeinschaft von Gott und Volk seinen ewigen Ausdruck (Ez 37, 26 ff.; 36, 22 ff.).

Außer den at. Theologien, bes. von W. EICHRODT, G. V. RAD u. TH. C. VRIEZEN (bes. 124 ff.): J. HEMPEL Gott u. Mensch im AT, (1926) 19362 - J. HÄNEL, Die Religion der Heiligkeit, 1931 - J. PEDERSEN, Israel III. IV, 1940 - N. H. SNAITH, The distinctive Ideas of the OT, (1944) 19452 - H. RINGGREN, The Prophetic Conception of Holiness (UUÅ 1948, 12).

Th. C. Vriezen

II. Im NT

1. Grundvoraussetzung und Quelle aller H. ist auch im NT letztlich Gottes Heiligkeit ( Heilig: III; vgl. Joh 17, 11. 17; 1 Petr 1, 15 f.; Apk 4, 8). Aber alle gottzugehörigen und nur solche »heiligen«, d. h. von Gott mit Beschlag belegten und geheiligten Wesen (z. B. 1 Kor 7, 14) und Dinge (Mt 23, 17) haben teil an der heiligenden Wirksamkeit Gottes. Von dieser selbst wird selten unmittelbar geredet (Joh 10, 36; 17, 17; 1 Thess 5, 23); aber auch hinter den häufigen Passiva (1 Kor 1, 2; 6, 11; Apg 20, 32; 26, 18; Hebr 10, 10. 14; Apk 22, 11 u. a.) wie dem zugehörigen Substantiv (1 Thess 4, 7; 2 Thess 2, 13; Röm 6, 19. 22 u. a.) steht, entsprechend der ehrfürchtig verhüllenden Redeweise (der Juden und) des NT, Gott als der eigentlich Handelnde in allem H.sgeschehen, so auch in der 1. Bitte des Vaterunsers. Deren Erfüllung ist, im Blick auf die unmittelbar vorausgehende Deutung des Namens Gottes ( Vatername: III), primär in der eschatologischen Verleihung der Gotteskindschaft (z. B. Mt 5, 9; Röm 8, 23) zu sehen, die aber im Sinn der erfüllten Eschatologie (: IV) schon jetzt geschieht (vgl. Mt 17, 26; Joh 1, 12; Eph 1, 5 mit 1, 4); jedoch, wie bei allen soteriologischen Begriffen (s. u.) und auch bei der 2. und 3. Bitte wird das göttliche Handeln aufgenommen, fortgeführt, erfüllt durch das Handeln der »Kinder Gottes«: in ihrer Erkenntnis, Anrufung, Verkündigung Gottes und in ihrem Leben nach seinem Willen (vgl. Mk 3, 35 par u. a.). - Es ist von nichts anderem als Gottes heiligendem Handeln die Rede, wenn auch der Hl. Geist (: IV) als Träger und Kraft der H. erscheint: 2 Thess 2, 13; 1 Kor 6, 11 (neben dem »Namen Christi«); Röm 15, 16. In der trinitarischen Formel 1 Petr 1, 2 ist die H. das Merkmal des Geistes.
2. Neben Gott, ja an der Stelle Gottes als des Heiligen, der zugleich heiligt (Lev 21, 8; 31, 13; vgl. Röm 3, 26), steht Jesus, nicht nur im JohEv (vgl. 17, 19 mit 6, 69; 17, 11f: »dein Name« ist »der Heilige«, Gottes heiliges Wesen), sondern auch bei den Synoptikern, obwohl hier von der H. durch Jesus nicht ausdrücklich gesprochen wird (vgl. dasselbe bei Gnade: III, 1): die Berührung des Heiligen Gottes (vgl. Mk 1, 24 par), die Tischgemeinschaft mit ihm, die Nachfolge (: I) in seiner Jüngerschaft, der Glaube (: III) an ihn, das alles hat heiligende Kraft. Im JohEv wird diese Erkenntnis von Jesus selbst ausgesprochen und bes. auf die heiligende Wirkung seines Todes ausgedehnt (17, 19: seine »Selbst-H.« schließt die H. seiner Jünger ein). Erst recht geschieht dies bei Paulus (vgl. 1 Kor 1, 2; 6, 11; Eph 5, 26), der Jesus die personifizierte H. nennt (1 Kor 1, 30), und im Hebr, der die H. durch Jesus mit den Mitteln der kultischen Terminologie und ähnlich den gnostischen Mysterienweihen interpretiert (2, 11; 9, 14; 13. 12).
3. Aber auch die Christen können wie Jesus (vgl. Joh 10, 36 mit 17, 19) nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt der H. sein; und wie Christus sich selbst (17, 19) und andere (1 Kor 1, 2; Eph 5, 26; Hebr 2, 11; 13, 12) heiligt, so können auch sie, weil sie im Stand der H. stehen (vgl. 1 Thess 4, 7; 1 Kor 1, 2; 1 Tim 2, 15; Hebr 10, 14: Präsens!) und weil dieser Stand zugleich etwas immer neu zu Erringendes und zu Verwirklichendes ist, sowohl aneinander (1 Thess 4, 4) als auch an sich selbst (1 Thess 4, 3; 2 Kor 7, 1; 2 Tim 2, 21; Hebr 12, 14) heiligend wirken. Da in allen diesen Fällen aber (wie bei Umkehr, Glauben usw.) das Handeln Gottes dem der Menschen immer schon vorangeht (vgl. z. B. 1 Thess 4, 7, das logisch vor V. 3 ff. steht), kann nie von einem »Synergismus« in der H. gesprochen werden (obwohl manche Aussagen so klingen, 2 Thess 2, 13: Geist und Glaube, 1 Tim 4, 5: Wort Gottes und Gebet). Auch im Bereich der H. wird die innere Einheit von Indikativ und Imperativ (vgl. Röm 6, 19; 1 Thess 4, 3 f.; Hebr 12, 14) und die Bedeutung des passivischen Imperfekts für die nt. Botschaft (z. B. Apk 22, 11) sichtbar. Das sittliche Moment ist zwar von der H. untrennbar, aber durchaus sekundär (vgl. 1 Kor 1, 2 mit 1, 11 - 14, 40!): die H. im Sinn des NT ist nicht primär die von manchen christlichen Gruppen in den Mittelpunkt gestellte H. als sittliche Vervollkommnung, sondern die Versetzung in die Gemeinschaft mit Gott und dadurch Teilgabe an seinem heiligen Wesen (1 Petr 1, 16; 1 Joh 3, 2: »ihm gleich«), d. i. das Heil; H. ist ein zentraler soteriologischer Begriff. Darum ist die H. das Ziel alles Handelns Gottes mit dem Menschen und eben darin die entscheidende Aufgabe des Menschen (vgl. 1 Thess 4, 3. 7; Röm 6, 19. 22 u. a.); darum die dringliche Betonung der H. im Blick auf die Parusie (z. B. 1 Thess 3, 13; 5, 23; Kol 1, 22 u. a.).

H. CREMER - J. KÖGEL., Bibl.-theol. WB der nt. Gräcität, 192311, 34 ff., bes. 56 ff. - A. FRIDRICHSEN, Geheiligt werde dein Name (TT 8, 1917, 1-16) - E. GAUGLER, Die H. in der Ethik des Apostels Paulus (IKZ 15, 1925, 100-120) - DERS., Die H. im Zeugnis der Schrift, 1948 - A. KÖBERLE, Rechtfertigung u. H., (1929) 19303 - J. SCHNIEWIND, Die H. (in: H. ASMUSSEN, Rechtgläubigkeit u. Frömmigkeit I, 1938, 9-20) - S. DJUKANOVIC, Heiligkeit u. H. bei Paulus (Diss. Bern), 1939 - E. KÄSEMANN, Das wandernde Gottesvolk, (1939) 19572, 88 ff. - E. LOHMEYER, Das Vaterunser, 1947, 41 ff. - H. PREISKER, Das Ethos des Urchristentums, 1949, 128 f. - P. FEINE, TheolNT, 19518, 224 ff. - Vgl. die Lit. zu Heilig: III.

G. Stählin

III. Dogmatisch

1. Begriff

H. ist in der Wurzel ein Verhältnis- und Zugehörigkeitsbegriff, der nicht eine Eigenschaft des Menschen in sich selbst, sondern sein Leben im Stand der Zugehörigkeit zu Gott bezeichnet. Heilig (: IV) ist Gott: geheiligt wird der, den Gott mit sich verbindet und in die Gemeinschaft mit sich selbst hineinstellt. Da aber die Gegenwart Gottes wirksam ist, die Sünde abstößt und das Gute wirkt, bezeichnet H. zugleich das Werden einer der Zugehörigkeit zu Gott entsprechenden Lebensgestalt. Der Begriff hat also, in seiner nt. Verwendung ( Heiligung: II) deutlich erkennbar, einen forensischen und einen ethischen Pol: Berufung in den Stand der Gottesgemeinschaft und damit zugleich Führung zu einer neuen Lebensgestalt. Dabei ist aber die Versetzung in den Stand der Gottesgemeinschaft das begründende, tragende und wirkende, das Werden der neuen Lebensgestalt das begründete, von der Gnadengegenwart Gottes in Christus getragene und gewirkte Moment.

2. Das Verhältnis der H. zur Rechtfertigung

In der theologischen Tradition des älteren Protestantismus bestand die Tendenz; die H. streng von der Rechtfertigung (: II. III) zu unterscheiden und sie als einen zweiten, der Rechtfertigung nachfolgenden Akt Gottes zu betrachten. Diese Tendenz hatte ihren inneren Grund in der Befürchtung, bei einer Ineinssetzung von Rechtfertigung und H. werde das Werden der neuen Lebensgestalt in die Stellung der Heilsbedingung, die es im scholastischen System mehr oder weniger gehabt hatte, zurückgerückt: nur sofern der Mensch geheiligt wird, wird er auch gerechtgesprochen, so daß er folglich im Sichtbarwerden seiner neuen Lebensgestalt den Erkenntnisgrund seiner Heilsgewißheit suchen muß. Wird dagegen die Rechtfertigung als in sich abgeschlossenes Ganzes vom H.sgeschehen streng unterschieden und ihm vorangestellt, so schien gewährleistet, daß der Blick in der Frage der Heilsentscheidung von aller Erwägung des eigenen Wertes oder Unwertes gelöst ganz auf den Zuspruch der unverdienten Gnade geheftet bleibt. - Eine strenge Unterscheidung von Rechtfertigung und H. als zweier getrennter Gottesakte ist indessen den biblischen Texten gegenüber nicht möglich. Vielmehr ist Rechtfertigung gerade als die Gerechtsprechung des Sünders aus freier Gnade zugleich der grundlegende Gottesakt der H. und die tragende Kraft der Verwirklichung der H. in einer neuen Lebensgestalt. Denn durch diesen Gerechtspruch hebt Gott das Überlassensein des Sünders an die Herrschaft seiner Sünde auf und stellt ihn in die Gemeinschaft mit sich selbst, die Quelle und Kraftfeld aller H. ist.
Nicht von der Rechtfertigung selbst also, wohl aber von der Frage nach der Begründung oder Bedingung der Rechtfertigung muß die H. sorgfältig getrennt werden. Beides gehört zusammen; aber nicht so, daß Gott rechtfertigt, weil er geheiligt hat (geschweige denn: weil wir selbst uns geheiligt hätten), sondern so, daß Gott heiligt, weil und indem er aus freier Gnade, vom Menschen her ohne positive Voraussetzung, gerechtspricht.
Das Bedenkliche in der röm.-kath. Heilslehre ist also nicht schon die dort stark betonte Verbindung von Rechtfertigung und H. (Gerechtmachung) an sich, sondern erst die Tatsache, daß diese Heilslehre innerhalb dieser Verbindung ein Begründungsgefälle von der H. hin zur (abschließenden) Gerechtsprechung herstellt. Ev. Theologie muß demgegenüber das umgekehrte Begründungsgefälle behaupten ( Gnade: V, 2d). Aber auch die altprot. Trennung von Rechtfertigung und H. ist nicht unbedenklich. Durch sie kann einerseits ein Quietismus gefördert werden: man könne in der Rechtfertigung leben auch ohne H., da diese als der zweite und nicht mehr heilsentscheidende Gottesakt irgendwie als »sekundär« empfunden wird. Andererseits und bei umgekehrter Akzentuierung kann ein Perfektionismus entstehen: es sei mit Glauben und Rechtfertigung noch nicht alles getan, die H. müsse noch hinzukommen - die dann stimmungsmäßig nur zu leicht in die Beleuchtung einer vom Menschen zu erbringenden »Nachbedingung« seiner Rechtfertigung gerät. Zwischen dieser Scylla und Charybdis gilt es hindurchzusteuern in der Erkenntnis: Man kann Rechtfertigung nicht haben, ohne gerade durch sie mit dem H.swillen und der H.smacht Gottes in Christus zu tun zu bekommen; man kann aber auch H. auf keine andere Weise haben als durch das Empfangen der Rechtfertigung aus Gnade in Christus.

3. Das Verhältnis des H.sstrebens zum Glauben

Hieraus ergibt sich: der Glaube (: V, 4) an die rechtfertigende Gnade Gottes kann nicht leben ohne den Willen zur H. Denn er ist existentiell Flucht zu Gott in Christus vor der Herrschaft und verdammenden Kraft der Sünde, eben damit aber auch Auslieferung des Lebens an Gott in Christus, Absage an die Sünde und Appell an die Kraft Gottes zu ihrer Vernichtung. Positiv gesagt: Glaube ist existentiell das Ernstnehmen der heiligen Liebe Gottes, damit aber der Wille, in der Realität und Kraft dieser Liebe zu leben. - Es gilt aber auch das Umgekehrte: man kann nach der H. nur so streben, daß man an den bedingungslosen Einsatz der Gnade Gottes für uns in Christus glaubt, ihn beständig anruft und alle H. nur von ihm erwartet. Daß H. gegeben wird, will geglaubt werden, und zwar eingeschlossen in den Glauben, daß Gott uns ohne Verdienst in Christus gnädig zugewandt ist und bleibt. Man kann auch aus der Sünde zur H. und zum Kampf gegen die Sünde nur so zurückkehren, daß man es wagt, von neuem an die bedingungslose Sündenvergebung (: III) zu glauben, weil nur dieser Glaube die Rückkehr in die Verbindung mit Christus ist, aus der allein H. geschieht.

Allgemein: RE VII, 573 ff. - RGG2 II, 1750 f. - EKL II, 82 ff. - Lehrbücher: W. ELERT, Der christl Glaube, (1940) 19562, Kap. 16 - DERS., Das christl. Ethos, 1949, § 41 - P. ALTHAUS, Die christl. Wahrheit, (II, 1948) 19584, §§ 65 f. - BARTH, KD IV/2 - THIELICKE, ThE I2, 79 ff. - Monographien, historisch: R. HERMANN, Luthers These »Gerecht u. Sünder zugleich«, 1930 - A. GÖHLER, Calvins Lehre von der H., 1934. - Systematisch: TH. JELLINGHAUS, Das völlige, gegenwärtige Heil durch Christum, (1880) 19035 (grundlegendes Werk der pietist. Heiligungsbewegung) - L. IHMELS, Zur Lehre von der H. bei Th. Jellinghaus (NkZ 27, 1916, 89-128) - K. BARTH, Rechtfertigung u. H. (ZZ 5, 1927, 281-309) - A. KÖBERLE, Rechtfertigung u. H., (1929) 19303.

W. Joest

aus: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage, Bd. 3, S. 177ff.
(c) J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)
Mit freundlicher genehmigung des Verlages veröffentlicht. Bitte beachte Sie die Internetseiten der 4. Auflage der RGG: http://www.mohr.de/rgg4.html

 

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