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Kongregationalismus

1. Grundsätzlich

Der K. ist (neben den Presbyterianern und Baptisten) die bedeutendste Ausprägung des ev. Christentums im ausgesprochenen Gegensatz zur anglikanischen Kirche (: I) auf dem Boden der englischsprechenden Welt, insbesondere Nordamerikas. Sein Grundprinzip liegt in de theokratisch-christokratisch gemeinten kirchlichen Vollmacht und Selbständigkeit der Einzelgemeinde, ihrer Unabhängigkeit von weltlicher Obrigkeit, Bischofsamt und Synode. Dahinter steht der Wille, die urchristliche Gemeindegestalt wiederzugewinnen (charakteristisch: visible saints als hoi hagioi des NT). Infolgedessen ist das ökumenische Bewußtsein lebendig ausgeprägt: christliche Gemeinschaft besteht überall da, wo sich Jünger Jesu im Gehorsam gegen sein Wort unter Leitung seines Geistes zusammenfinden. Im polemischen Zusammenhang, bes. in den englischen Religionskämpfen des 16. und 17. Jh.s, bildete sich aus solcher Haltung teilweise die Benennung »Independents«.

2. Großbritannien

Die Anfänge des K. liegen in den englischen Flüchtlingsgemeinden auf dem europäischen Festlande, namentlich in Frankfurt (: I), wo das Prinzip der Volkskirche zuerst durch dasjenige des »Bundes« zwischen Gott oder Jesus Christus und dem einzelnen ersetzt wurde (1554/55). Möglicherweise diente schon vorher der Aufbau ausländischer Flüchtlingsgemeinden in England als Vorbild (J. Laskis Gemeinde in London und V. Poullains in Glastonbury seit ca. 1550). Die Ausgestaltung der anglikanischen Kirche unter Elisabeth I. mit der Fortführung des mittelalterlichen bischöflichen Systems ( England: I, 3) weckte einen wachsenden antiklerikalen Widerstand, der sich sowohl in Programmschriften als auch in beginnender Organisation von Einzelgemeinden entlud. Flugschriften wie »A Confession of Faith, made by common consent of divers Reformed Churches beyond the seas; with an Exhortation to the Reformation of the Church« (1561) und »The True Marks of Christ's Church« (ca. 1570) von Richard Fytz verfochten die Gleichordnung aller Pfarrer, die Freiheit der Evangeliumsverkündigung von bischöflicher Erlaubnis oder Verweigerung, die Ausübung der Sakramente nach der Einsetzung Jesu, die urchristliche Kirchenzucht anstatt des kanonischen Rechts als Kennzeichen der echten Kirche. Als 27 Personen i. J. 1571 an Elisabeth I. die Bitte richteten, ihnen auf Grund von 2 Kor 6, 17 die Trennung von der anglikanischen Kirche zu gestatten, wurde der K. rechtlich und politisch greifbar. - In der Folgezeit begegnen kleine unabhängige Kreise, bes. in und um London. Rob. Browne gab dem frühen K. eine vollständig ausgebildete Theorie mit den Grundpfeilern des hl. Volkes unter dem Regenten Jesus Christus, des geistlichen Priestertums, Königtums, Prophetentums für jeden Gläubigen und des brüderlichen Austauschs geistlicher Erfahrungen zwischen ihnen. Die 1586-93 von John Greenwood und Henry Barrow in London gesammelte freie Gemeinde erfuhr durch die Härte des Erzbischofs John Whitgift in der Hinrichtung ihrer Leiter (1593) eine schwere Erschütterung, lebte jedoch unterirdisch bis 1624 weiter. Sie wanderte, ebenso wie eine andere in Scrooby und Gainsborough (Lincolnshire), nach den Niederlanden aus, wo Middelburg (R. Browne), Amsterdam (John Robinson, Richard Clyfton) und Leiden (J. Robinson, Henry Ainsworth) die Hauptorte wurden. 1620 machte sich eine beachtliche Minderheit aus der Scrooby-Leidener Gemeinde Robinsons in der »Mayflower« auf den Weg über England nach Nordamerika und begründete dort als »Pilgerväter« in der Massachusetts Bay den nordamerikanischen K. - Die Große Revolution ( England: I, 4) brachte den verborgenen und verfolgten K. in den Vordergrund; vielfach stellte er nach der Aufhebung der anglikanischen Kirchenordnung die Gemeindepfarrer. Führende Gestalten waren William Bridge, Thomas Goodwin, John Cotton, John Owen, Sidrach Simpson, Philip Nye. Eine milde Formulierung des gemeinsamen Glaubensgutes und Kirchenrechts gab die Savoy Declaration (1658). Trotzdem verhielten sich führende Männer des Puritanismus ihr gegenüber ablehnend (R. Baxter) oder zurückhaltend (Edward Reyner). - Die Restauration des Anglikanismus unter Karl II. nötigte die Kongregationalisten mit den Baptisten und Presbyterianern in die Stellung der Nonkonformisten (»Abweichenden«, nicht völlig identisch mit Dissenters). Dadurch rückten Presbyterianer und Kongregationalisten enger zusammen; beide verzichteten weithin auf die Prädizierung ihrer Kirchenordnung mit dem Anspruch des göttlichen Kirchenrechts. Trotzdem wurde die 1689 in London versuchte Union durch die dogmatische Verschiedenheit zerstört (Presbyterianer damals stark antitrinitarisch und arianisch bestimmt, Kongregationalisten orthodox bis calvinistisch). - Der heraufkommende Methodismus ( Methodisten: I) zog den K. von allen Freikirchen aufs stärkste in Mitleidenschaft, bes. der calvinistische Zweig unter G. Whitefield. Die grundlegende Einheit der methodistischen Bewegung, die Methodist society, ließ mit ihrer Nähe zur urchristlichen Gemeinde die Verwandtschaft mit dem k.en Kirchenbegriff empfinden. Im Laufe des 18. und 19. Jh.s nahm der K. wie der Methodismus den stärksten Anteil an der sozialen Reformbewegung und an der Mission, bes. an der überkonfessionellen Londoner Mission (LMS, gegr. 1795). Er spielte eine beachtliche Rolle in der Bildung der Broad Church Party innerhalb der Kirche von England. K.es Denken begegnet bei den Anglikanern Th. Erskine, F. W. Robertson und F. D. Maurice. Der führende k.e Theologe Englands am Ende des 19. Jh.s, Rob. William Dale (1829-95), vertrat eindrucksvoll die Konzeption von Christus als dem Haupt des Menschengeschlechts. - Organisatorisch wurde in Fortführung von provinziellen Unionen (County Unions) im frühen 19. Jh. 1832 die Congregational Union of England and Wales errichtet. Theologische Ausbildungsstätten, die bes. das NT und die puritanisch-k.e Tradition pflegten, wurden Cheshunt College in Cambridge (gegr. von der methodistischen Gräfin Huntingdon), Mansfield College in Oxford (urspr. Spring Hill College in Birmingham), New College und Hackney College in London, Western College in Bristol, Yorkshire and United College in Bradford, Lancashire Independent College in Manchester, Congregational Institute in Nottingham. Nach k.em Grundsatz ist der Beitritt zur Congregational Union freiwillig, eine Reihe von Gemeinden gehört ihr nicht an. - In Kanada (: I) ist der K. in der United Church of Canada aufgegangen.

3. Nordamerika

Nordamerika, das klassische Land des K. ( Vereinigte Staaten: I), erhielt seine k.e Grundstruktur, die in einer außergewöhnlichen Vollmacht der Einzelgemeinde durch fast alle ev. »Konfessionen« (denominations) einschließlich der Lutheraner hindurchgeht, durch die große puritanische Einwanderung in Neuengland (als Folge der Laudschen Kirchenpolitik 1625-43). Die »radikalen« Puritaner brachen völlig mit dem anglikanischen System; sie setzten sich in den Siedlungen der Massachusetts Bay gegen die gemäßigten durch. Kennzeichen des amerikanischen K. wurde der Gebrauch der »Bundesschlußerklärung« (covenant) anstelle eines Glaubensbekenntnisses. Sie hatte die schlichte Verpflichtung zum Gehorsam gegen Gottes Wort - vorwiegend ethisch verstanden - zum Inhalt. Für die dogmatischen Anschauungen galten unreflektiert die calvinistischen Grundsätze. In den Jahren 1620-1740 stand die Indianer-Mission (John Eliot seit 1646) und die Gründung von Bildungsanstalten (Harvard College 1636/39 in Cambridge, Mass.) sowie die Kirchenordnung im Vordergrunde. In der folgenden Epoche 1740-1850 rückte die Theologie in den Mittelpunkt, weil der ethische Charakter den Rechtfertigungsglauben gefährdete, der durch die große Erweckungsbewegung von J. Edwards und G. Whitefield als Bekehrungserfahrung und Vergebungsgewißheit lebendig wurde. Daraus erwuchs als Kompromiß die Neu-England-Theologie mit ihrer Betonung der religiösen Erfahrung als Antwort auf Gottes Gnadenwirken. Seit 1800 machten sich unitarische (antitrinitarische) Einflüsse geltend. Die neuere Entwicklung seit 1850 kennzeichnet ein volks- und heidenmissionarischer Aktivismus und ein energischer Wille zur Vereinigung mit anderen Gruppen im Dienste breiter christlicher Wirkung; dogmatisch herrscht Weitherzigkeit.
Die Zahl der Mitglieder des K. beträgt in Großbritannien ca. 400000, in den USA ca. 1,2 Mill. Seit 1891 besteht als weltweiter Zusammenschluß das International Congregational Council. - Der K. nimmt den stärksten Anteil an der Ökumenischen Bewegung im Sinne einer weit gefaßten urchristlichen Programmatik. Besondere Anwälte seines Gemeindeprinzips wurden unter den deutschsprachigen ev. Theologen Fr. Loofs und K. Barth.

Zu 1 u. 2: J. WADDINGTON, Congregational History, 5 Bde, 1869 bis 1880 - H. M. DEXTER, Congregationalism of the last 3 Centuries as seen in its Lit., 1880 (Ergänzungen in Congregational Historical Society's Transactions, 1901 ff.) - RE X, 680 ff. - A. MACKENAAL, The Evolution of Congregationalism, 1901 - CH. BURRAGE, The Church-Covenant Idea, 1904 - R. W. DALE, History of English Congregationalism, 1907 - D. L. RITCHIE, The Genius of Congregationalism, 1926 - W. B. SELBIE, Congregationalism (in der Reihe »The Faiths«, hg. v. L. P. JACKS), 1928 - Anonym, Congregationalism through the Centuries, 1937 - M. M. KNAPPEN, Tudor Puritanism, 1939, bes. 72 ff. (für die Anfänge) - G. F. NUTTALL, Visible Saints. The Congregational Way 1640-1660, 1957 (für die klassische Zeit). - Zu 3: W. WALKER, The Creeds and Platforms of Congregationalism, 1893 - G. N. BOARDMAN, A History of New England Theology, 1899 - F. H. FOSTER, A Genetic History of the New England Theology, 1907 - G. G. ATKINS - FR. L. FAGLEY, History of American Congregationalism, 1942 - The Basis of Union of the Congregational Christian Churches and the Evangelical and Reformed Churches, 1947. - Congregational Year Book, seit 1846.

M. Schmidt
aus: Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Auflage, Bd. 3, S. 1768ff.
(c) J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)
Mit freundlicher genehmigung des Verlages veröffentlicht. Bitte beachte Sie die Internetseiten der 4. Auflage der RGG: http://www.mohr.de/rgg4.html

 

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