1. Einführung

In den Lektionen 2 und 3 des Grundkurses sind die Anfänge der reformierten Reformation in der Schweiz und in Genf (mit einem kleinen Ausblick auf Frankreich) thematisiert worden.
In dieser Lektion soll es um die Frage gehen, wie sich die Reformation reformierter Prägung in einzelnen Teilen Deutschlands etabliert hat. Es wird zu sehen sein, daß dies kein einheitlicher Vorgang war. Es gibt zum einen das Phänomen, daß einzelne Gebiete, die sich zunächst zur lutherischen Reformation gewandt hatten, im Laufe des 16. Jahrhunderts reformiert wurden (so z.B. die Grafschaften Bentheim und Lippe oder die Kurpfalz u.a.). Daneben gibt es auch Regionen, die von Anfang an eine reformiert geprägte Reformation erlebten (etwa Oberdeutschland) oder anfangs sowohl unter lutherischem wie reformiertem Einfluß standen (etwa die Pfalz). Und es gab in Deutschland zahlreiche Flüchtlingsgemeinden (vor allem Hugenotten und Waldenser). Das alles macht es schwer, das gesamte Geschehen mit einem Begriff zu fassen. Der um 1985 heftig diskutierte Vorschlag, das ganze Geschehen als "zweite Reformation" nach einer ersten lutherischen zu benennen, muß als gescheitert angesehen werden, weil damit eine nur in manchen Gebieten vorhandene Abfolge von zunächst lutherischer und dann reformierter Konfessionalisierung zum Maßstab gemacht wird. Passender ist es deshalb, für Deutschland etwas diffuser von der "reformierten Konfessionalisierung" und der Geschichte reformierter Kirchen und Gemeinden im 16. und 17. Jahrhundert zu sprechen. Deshalb gibt es in dieser Lektion aufgrund der sehr verschiedenen Weisen, wie in Deutschland reformierte Gemeinden entstanden, auch relativ viele jeweils für sich stehende Abschnitte. Sie spiegeln die Vielfalt, aber zeigen auch die Komplexität historischer Entwicklungen auf.
Offiziell ist das Reformiertentum in Deutschland erst 1648 mit dem Westfälischen Frieden zu Münster und Osnabrück anerkannt worden, der den dreißigjährigen Krieg beendete. Vorher ist ein Ereignis aus dem Jahr 1555 wichtig. Im Augsburger Religionsfrieden werden u.a. zwei Entscheidungen getroffen. Zum einen wird den Angehörigen der Augsburger Konfession der Landfriede garantiert. Und zum anderen wird das sogenannte "ius reformandi" bestätigt. Damit können die Fürsten, Reichsgrafen und Reichsstädte die Konfession ihres Landes bestimmen (später auf die Formel "cuius regio eius religio" - "wes Land des Glaube" gebracht). Daß die reformierte Konfession zu den Augsburgischen Konfessionsverwandten gehört, gab den reformiert werdenden Fürsten die Freiheit, in ihren Gebieten das reformierte Bekenntnis einzuführen. Für die reformierte Konfession reicht die Zeit der Konfessionalisierung von 1563 (die Kurpfalz wird reformiert) bis zum Westfälischen Frieden 1648. Dort wird einerseits den Reformierten das gleiche Recht wie den Katholiken und Lutheranern eingeräumt. Und zum anderen wird das "ius reformandi" eingeschränkt, so daß ein Konfessionswechsel des Landesherrn nicht mehr den seiner Gebiete zur Folge haben muß.

Reformierte Gebiete in Deutschland
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